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46
Erster Abschnitt.
Zopyrus schnitt sich Nase und Ohren ab, geißelte sich grausam und ging dann zu den Babyloniern, indem er vorgab, der König Darius habe ihn so schmählich behandelt, und er komme, um bei ihnen Zuflucht zu suchen. Sie schenkten ihm Glauben und gaben ihm die Ansiihrung über einige Abteilungen ihrer Truppen. Mit diesen schlug er, wie er es vorher mit Darius verabredet hatte, einzelne persische Heerhaufen in die Flucht, worauf die Babyloner ihm mit vollem Vertrauen den Oberbefehl über ihr ganzes Heer übertrugen. Jetzt hatte Zopyrus gewonnenes Spiel. Eines Tages öffnete er ein Thor und ließ die Perser eindringen. Darius ehrte den treuen Zopyrus vor allen seinen Großen, ernannte ihn zum Statthalter von Babylon und überhäufte ihn mit Geschenken.
Von Babylon wandte sich Darius nach Medien, wo er einen aufrührerischen Nachkommen des Cyaxares in zwei Schlachten besiegte und mit feinem Anhang kreuzigen ließ. Darnach unterwarfen sich auch Assyrien und Armenien und gelobten Gehorsam. Im Osten befestigte er feine Herrschaft bis zum Indus, in Afrika blieb Ägypten unter persischer Oberhoheit, und Kyrene wurde tributpflichtig.
Nicht zufrieden mit diesem ungeheuern Reich, richtete Darius nun auch feine Blicke nach Europa und beschloß einen Kriegszug gegen die Skythen im Norden an der untern Donau und dem schwarzen Meere. Mit einem gewaltigen Heere überschritt er um 513 den Bosporus, unterwarf Thracien und ließ eine Brücke über die Donau schlagen. Diese übergab er nach dem Übergang feines Heeres dem Athener Mi ltiades, welcher einer athenischen Kolonie auf dem thracifchen Chersones (Halbinsel Gallipoli) vorstand, und dem Statthalter Histiäus von Milet zur Bewachung. Die Skythen zogen sich vor Darius in unwirtliche Steppen zurück, bis fein Heer durch Verluste und Mangel an Lebensrnitteln geschwächt war. Dann schlugen sie ihn in die Flucht, und er entging ihrer Verfolgung nur dadurch, daß er sich mit den Trümmern feines Heeres über die Donaubrücke retten konnte. Diese hatte Histiäus über die angegebene Zeit von 60 Tagen hinaus gegen den Willen des Miltiades gehütet, welcher von dem Untergang des Perferheeres die Befreiung der klein-asiatischen Griechen (§. 19, 1) erhoffte. Darius belohnte den Hi-ftiäus aus Dankbarkeit mit einer goldreichen Landschaft in Thraeien, während Miltiades nach Athen entweichen mußte. Thraeien blieb unterworfen, und Darius kehrte nach Asien zurück. Der in der Hauptsache verunglückte Kriegszug gegen die Skythen und der Versuch, ine persische Herrschaft nach Europa zu tragen, war für das Perser-reich noch von übeln Folgen begleitet und bildete eine der Ursachen .zu den großen Kriegszügen der Perser gegen die Griechen, von
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Extrahierte Personennamen: Darius Darius Darius Darius Darius Darius Darius Darius Darius Histiäus_von_Milet Darius Darius Darius Darius Darius
Extrahierte Ortsnamen: Assyrien Armenien Afrika Kyrene Europa Donau Donau Gallipoli Donaubrücke Athen Asien Europa
§. 27, 2. Alexander erobert das Perserreich.
165
Grund aus zerstört, 30 000 Einwohner als Sklaven nach allen Richtungen hin verkauft und das Stadtgebiet an die benachbarten Orte verteilt. Nur die Tempel, das Haus des Dichters Pindar {§. 29) und die Burg Kadmea blieben verschont. Dieses strenge Strafgericht verbreitete allerwärts Schrecken und brachte den Hellas wieder zur Ruhe. Gegen die übrigen Städte zeigte sich Alexander nachsichtig und ließ sich selbst gegen Athen besänftigen.
Nachdem die Ruhe hergestellt war, lud er die Vertreter der Griechenstaaten zu einer Zusammenkunft in Korinth ein, zu der alle bis auf die Spartaner erschienen, und ließ sich wie sein Vater zum Oberfeldherrn gegen die Perser ernennen.
In Korinth lebte damals der wunderliche Philosoph Diogenes, welcher die höchste Weisheit in die Enthaltsamkeit und die Verachtung aller Bequemlichkeit setzte. Er ließ seinen Bart ungeschoren, trug einen zerlumpten, schmutzigen Mantel, aß ohne Löffel, trank aus der hohlen Hand und wohnte in einer Tonne auf dem Markte. Alexander wünschte den Sonderling kennen zu lernen und begab sich deshalb mit seinem Gefolge zu ihm. Er redete mit ihm und fand seine Antworten treffend und geistvoll. Als er ihn darnach aufforderte, sich eine Gnade auszubitten, erwiderte Diogenes nur: „Gehe mir ein wenig aus der Sonne!" Da lächelte der König und meinte, wenn er nicht Alexander wäre, so möchte er wohl Diogenes sein. — Auch den Maler Apelles besuchte Alexander. Dieser hatte gerade ein Pferd gemalt, und Alexander wußte allerlei an demselben auszusetzen. Als aber sein eigenes Pferd in die Nähe des Bildes geführt wurde, wieherte es, worauf Apelles sagte: „Alexander, dein Pferd versteht mehr von der Malerei als du." Einige Tage darnach urteilte Alexander ebenso abfällig über ein anderes Gemälde. Da stieß ihn Apelles an und sagte leise zu ihm: „Höre auf, Alexander; siehe, die Jungen dort, die mir die Farben reiben, lachen dich aus!"
Als Alexander durch den Hellas zurückreiste, besuchte er Delphi, um das Orakel über sein Vorhaben befragen zu lassen. Er kam aber gerade an einem Tage dahin, wo das Gesetz die Erteilung eines Orakels verbot. Doch Alexander wollte dieses Verbot nicht gelten lassen, sondern zog die Priesterin mit Gewalt in das Heiligtum, sodaß diese unwillig ausrief: „Mein Sohn, du bist unwiderstehlich!" Dieser Ausruf genügte dem jungen Helden; er betrachtete ihn als das günstigste Orakel und verließ die heilige Stätte.
2. Alexander erobert das Perserreich.
Im Frühjahre 334 trat Alexander, nachdem er dem Anti-pater die Aufsicht über Macedonien und Griechenland übertragen hatte, mit einem auserlesenen, wenn auch kleinen Heere von 35 000 Mann durch Macedonien und Thracien den Zug gegen Persien an. Sein Freund H e p h ä st i o n, die trefflichsten Feldherrn, wie Par-menio, Klitus, Perdikkas u. a., sowie Geschichtschreiber und Gelehrte aller Art begleiteten ihn. Am Hellespont angelangt.
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander
§. 29, 2. Die Lebensweise der Griechen.
185
zeiten lag man auf der sogenannten Kline um den Tisch; man stützte sich auf den linken Arm und ergriff mit der rechten Hand die Speisen. Gabeln kannte man nicht. Das Fleisch wurde vor dem Aufträgen zerlegt, und die Speisenden griffen mit der Hand danach?) Die gewöhnlichen Mahlzeiten der Athener waren einfach: doch schätzten sie auch die Freuden des Mahles. Die Menge und Mannigfaltigkeiten der Gerichte, welche bei besonderen Gelegenheiten aufgetragen wurden, verraten große Naschhaftigkeit und Genußsucht. Man eröffnete die Mahlzeit gewöhnlich mit Eiern und schloß sie mit Obst, woran Attika reich war. Die Zwischengerichte bildeten Fische, Vögel und gebratenes Fleisch; an Kuchen und Pasteten durfte kein Mangel sein. Unter den Weinen schätzte man den alten korcyrischen und den weißen medischen, insbesondere den Chier, Naxier und Thasier. Man vermischte sie häufig mit Obst, Salben, Gewürzen und Blumen, um sie wohlschmeckender zu machen, oder mit Meerwasser, um die Verdauung zu fördern, und gewöhnlich mit Wasser, weil man den zu starken Wein nicht liebte. Bei solchen festlichen Mahlzeiten duftete der Speisesaal von Weihrauch und Wohlgerüchen; die Gäste wurden bekränzt, und jeder hatte einen Sklaven hinter sich. Es war Sitte, den Freunden allerlei von der Tafel zu senden. Bei lustigen Gelagen wurde durch das Los ein Vorsitzender gewählt, welcher die Unterhaltung leitete, Gesundheiten ausbrachte, die Trinkgesetze vorschrieb und Rätsel aufgab. Wer den kreisenden Becher bekam, pflegte zur Erheiterung der Anwesenden eine Rede oder einen Trinkspruch zu halten. Auch Gaukler und Possenreißer, Flötenspieler und Tänzerinnen wurden zuweilen zur Belustigung der Gäste herbeigezogen.
Kleidung und Mode. Die Griechen trugen ein kurzes Unterkleid (Chiton) und darüber einen Mantel von Wolle (Himation), welcher gewaschen und wieder geweißt werden konnte. Auf eine faltenreiche und geschickte Haltung des Mantels legten sie großen Wert, und es galt für ein Zeichen schlechter Lebensart und bäurischer Sitten, wenn man ihn ungraziös um die Schultern warf, fodaß er vorn oder hinten auf der Erde schleifte. Besonders lobte man es an einem Redner, wenn er den schönen Faltenwurf seines Mantels während des Sprechens durch keine Leidenschaft in Unordnung brachte. Ebenso verwandten die Männer auf Bart und
*) Der genügsame Diogenes warf seinen Löffel weg, als er seinen Diener sich nach korinthischer Sitte mit dem Brote helfen sah.
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192 Zweiter Abschnitt. Dritter Zeitraum.
daraus nicht geschlossen werden, als ob sie nun auf einmal um Vieles schlechter geworden seien. Das thut auch schon Agamemnon, als er dem Odysseus in der Unterwelt begegnet. Die Zeiten hatten sich geändert, die Menschen auch. Hesiod kennt nicht mehr den Sonnenglanz eines heiteren, ungetrübten Lebensgenusses, wie er an den Hösen der Fürstenhelden zu Homers Zeit üblich war. Damals saßen diese in festlichen Sälen beim Mahle und tranken herzerfreuenden Wein, und war das Verlangen nach Speise und Trank gestillt, so vernahm man gern aus dem Munde der Sänger den Ruhm und die Thaten gleichgesinnter, wackerer Helden. Zu Hesiods Zeit war das Leben durch den Erwerb bedingt, welcher Sorgen und Arbeit, Glück und Unglück, Hoffnung und Furcht bringt. Männer und Frauen waren anders geworden, weil das Leben sich anders gestaltet hatte. Hesiod sagt von den Frauen: „Es gibt gute wie böse;
nichts Besseres kann einem Manne zu teil werden, als ein gutes Weib, nichts Schlimmeres, als ein böses. Man muß sich nicht durch ein eitles, gefallsüchtiges Wesen, das mit glatter Rede sich in die Gunst der Männer einschleichen will, bethören lassen. Wer solch einem Weibe vertraut, traut Dieben" rc.
Die Frauen der Heroenzeit genossen im allgemeinen mehr Freiheit als dies in späterer Zeit bei den meisten griechischen Stämmen der Fall gewesen zu sein scheint. Nur in Sparta behielten namentlich die Jungfrauen allerlei Vorrechte, welche andere Griechinnen entbehrten.
3. Die spartanischen Frauen. Für die Erziehung der spartanischen Mädchen enthielten die Gesetze Lykurgs die leitenden Bestimmungen. Da derselbe vor allem eine kräftige Jugend für den Staat heranbilden wollte, so mußten auch die Mädchen im Ringen, Laufen und Lanzenwerfen in besonderen Gymnasien sich üben. Ebenso wurden sie angehalten, Hitze und Frost, Hunger und Durst und allerlei Mühseligkeiten ertragen zu lernen, in ihren Antworten sich kurz und treffend zu fassen und den Gesetzen des Staates folge zu leisten. Ganz im Gegensatze zu der in Athen herrschenden Sitte durften die spartanischen Mädchen frei aus dem Hause sich bewegen und bei Festen mit den Jünglingen Züge und Reigen gemeinschaftlich veranstalten. Die Jünglinge lebten vor den Augen der Jungfrauen, und wie sie ihren Spott und Tadel zu fürchten hatten, so galt es als eine große Ehre von ihnen gelobt zu werden. Dadurch war in Sparta die Möglichkeit gegeben, welche den athenischen Mädchen ganz und gar versagt war, daß die Jünglinge und Jungfrauen einander
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196
Zweiter Abschnitt. Dritter Zeitraum.
Die Ehen wurden in der Regel ohne gegenseitige Neigung eingegangen. In den meisten Fällen gründete sich die Wahl der Braut nicht auf nähere Bekanntschaft, sondern man sah mehr darauf, aus welcher Familie sie abstamme und welche Mitgift sie erhalte^ als auf ihre persönlichen Eigenschaften. Dem Hochzeitstage selbst gingen mehrere feierliche Gebräuche voraus. Der wichtigste darunter war das Opfer, welches den sämtlichen Schutzgöttern der Ehe dargebracht wurde, dem Zeus und der Hera, der Artemis und Athene rc. Die Braut wurde gewöhnlich gegen Abend vom Bräutigam zu Wagen abgeholt und saß zwischen diesem und dem Brautführer, der entweder ein naher Verwandter oder ein geachteter Freund war. Dem Zuge schlossen sich wahrscheinlich noch mehr Personen an. Braut und Bräutigam und die Begleiter waren festlich geschmückt und trugen Kränze. Auch die Eingänge zu den beiden hochzeitlichen Häusern pflegte man mit Laubgewinden festlich herzurichten. Unter Absingung des mit Flöten begleiteten Hochzeitliedes bewegte sich der Zug nach dem Hause des Bräutigams, dessen Eltern das hochzeitliche Mahl bereiten ließen. Bei diesem waren die Frauen zugegen, was sonst nicht üblich war. Am folgenden Tage erhielt die junge Frau von ihrem Manne und beide von Verwandten und Freunden Geschenke; jetzt zeigte sich die Neuvermählte unverschleiert und bewohnte fortan die Behausung der Frau. Sie hatte von nun an das gesamte Hauswesen zu besorgen, die Kranken zu pflegen und die Erziehung der Kinder zu leiten, die der Knaben bis zur Zeit des Unterrichts,
die der Mädchen bis zu ihrer Verheiratung. Starb der Vater, so
hatten die Töchter keinen Teil an der Erbschaft, und nur wenn keine Söhne vorhanden waren, fiel dieselbe an die Tochter. Sie mußte aber in diesem Falle den nächsten Verwandten heiraten, und war sie bereits verheiratet, sich scheiden lassen, um die gesetzlich vorgeschriebene Ehe eingehen zu können. Der Mann konnte im Testamente die Hand der Witwe vergeben; war dies nicht geschehen, so that es entweder der eigne Sohn, wenn er mündig war, oder der nächste männliche Verwandte.
Unter diesen Umständen ist es begreiflich, warum so wenige athenische Frauen in der Geschichte auftreten. Auf die Angelegen-
heiten des Staates haben sie keinerlei Einfluß geübt, so wenig wie sie sich in der Kunst oder Wissenschaft auszeichneten. Nicht eine Dichterin hat Athen aufzuweisen, welche neben Säppho aus Mytilene, Erinna, Korinna, Praxilla aus Sykion, Telesilla aus Argos und
Anyte aus Arkadien genannt werden könnte.
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§. 62, 3. Die römischen Frauen während der Kaiserzeit. 333
eine edle Persönlichkeit hervorragen zu sehen, welche unsere Hochachtung und unser Mitleid gleich rege macht. Agrippina, die Gemahlin des Germaniens, war reich an Tugend, der Verläumdung unzugänglich , stolz und unverzagt. Augustus hatte sie, wie alle Prinzessinnen an seinem Hofe, streng erziehen lassen und angehalten. Wolle zu spinnen und zu weben; Augustus trug Kleider, welche Agrippina angefertigt hatte. Sie folgte ihrem Gemahl Germanicus an den Rhein, wo eine römische Niederlassung, Colonia Agrippina (Köln), ihren Namen führte. Als Germanicus 15 gegen Armin den Cherusker kämpfte, langte das Gerücht in Köln an, das römische Heer sei vernichtet und die Germanen rückten heran. Die Besatzung wollte die Brücke abtragen, allein Agrippina wehrte diesem Vorhaben, und als die übel zugerichteten Legionen erschienen, vertrat sie die Stelle des noch abwesenden Gatten, pflegte die Verwundeten und stärkte die Hungrigen. Später folgte sie ihrem unglücklichen Gemahl nach Kleinasien, wo dieser vergiftet wurde. Agrippina verklagte den Mörder in Nom und verlebte, von Tiberius gehaßt und verfolgt, traurige Tage. An der kaiserlichen Tafel aß sie nie, aus Furcht, vergiftet zu werden. Zuletzt, nach Livias Tod, verklagte Tiberius sie wegen Anmaßung, Trotz und Sittenlosigkeit, und das Los der Unglücklichen war Verbannung. Als die leidenschaftliche Frau im gerechten Zorn über dieses Unrecht auf den Kaiser schmähte, ließ derselbe sie körperlich züchtigen, wobei ihr ein Auge ausgeschlagen wurde. Agrippina mochte diese Schmach nicht länger überleben und endigte 33 durch freiwilligen Hungertod die unverschuldeten Leiden.
Wie verworfen erscheint nach solcher Tugend die schamlose Messalina, die Gemahlin des Claudius Cäsar. Sie war die unwürdige Enkelin der edlen Octavia. Keine ihre Zeitgenossinnen war so lasterhaft und tief gesunken wie sie. Ihre Frechheit kannte kein Maß. Während der Abwesenheit des Gemahls vermählte sie sich mit dem schönsten Manne in Rom; deshalb ließ der Kaiser beide hinrichten und fiel nun der ebenso frivolen jüngeren Agrippina in die Hände, welche die Tugenden ihrer Eltern (Germanicus und Agrippina) nicht besaß. Sittenlos und ränkesüchtig, wie sie war, nahm sie, um ihrem Sohne den Thron zu sichern, zur Giftmischerin Lokusta ihre Zuflucht und ließ dem Kaiser unter ein Gericht von Schwämmen Gift thun, das feinen Tod zur Folge hatte. Grauenhaft war ihr Ende. Ihr Sohn Nero behandelte seine gute, tugendhafte und bescheidene Frau Octavia schlecht; ihre Nähe war ihm unerträglich. Daher nahm sich Agrippina ihrer Schwiegertochter an
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Extrahierte Ortsnamen: Germaniens Rhein Kleinasien Rom
234 Dritter Abschnitt. Zweiter Zeitraum.
Verluste erlitten, daß er selbst eingestehen mußte: „Noch einen solchen Sieg. und ich bin verloren!" Nach der Schlacht soll der Leibarzt des Pyrrhus sich durch einen Brief an Fabricius erboten haben, den König zu vergiften. Aber der redliche Fabricius übersandte den Brief des treulosen Arztes an den König und ließ ihn warnen. „Es ist sürwahr schwerer, den Fabricius von seiner Rechtschaffenheit abzubringen, als die Sonne von ihrer Bahn," sprach Pyrrhus darauf zu seinen Freunden. Nicht zufrieden mit den geringen Erfolgen in Italien, nahm er gern eine Einladung der Griechen in Syrakus um Hilfeleistung gegen die Karthager an. Drei Jahre lang kämpfte nun der epirotifche König nicht ohne Glück auf der Insel Sizilien. Als er aber nach der Herrschaft über die schöne Insel strebte und für die den dortigen Griechen gebrachten Opfer entsprechenden Ersatz begehrte, fielen alle von ihm ab, und er war genötigt, nach Unteritalien zurückzukehren.
Doch auch dort wandte sich das Kriegsglück. Die Römer hatten die Zwischenzeit nicht unbenutzt verstreichen lassen, und der in den Samniterkriegen bewährte Konsul Curius Dentatus führte jetzt ein wohl vorbereitetes Heer gegen Pyrrhus. Dentatus war ebenso durch seine Uneigennützigkeit und Rechtschaffenheit geschätzt wie durch feine Armut und Mäßigkeit bekannt. Samnitifche Gesandte hatten ihn einst getroffen, wie er in der einfachsten Bauernkleidung aus einer Holzbank am Herde saß und aus einer Holzschliffe! felbstgekochte Rüben speiste. Als sie ihn durch Geschenke hatten bestechen wollen, waren sie mit den Worten abgewiesen worden: „Ich will lieber
reiche Leute beherrschen als selber reich sein." Es kam jetzt zur Schlacht bei Beneventum 275 (bis dahin Maleventum genannt); in derselben machten die Römer durch brennende Pfeile die Elefanten des Pyrrhus scheu und bereiteten ihm nach tapferer Gegenwehr eine vollständige Niederlage. Pyrrhus begab sich hieraus nach dem Peloponnes und wurde bei einem Straßenkampf in Argos 272 von einer alten Frau durch einen Steinwurf vom Dache ihres Hauses herab getötet.
Tarent fehlte es an Kraft und Mut, sich nach dem Abzug des Pyrrhus noch länger zu halten. Es mußte sich 272 den Römern ergeben und verlor seine Freiheit, seine Flotte und viele Kunstschätze. Auch die übrigen Städte Unteritaliens mußten sich den Römern unterwerfen, Tribut zahlen und im Kriege ihnen beistehen. Rom herrschte jetzt über ganz Mittel- und Unteritalien und wandte nunmehr die Blicke aus seine Kornkammer, die Insel Sizilien.
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282 Dritter Abschnitt. Zweiter Zeitraum.
nicht als Angeklagte, sondern kam als Göttin Venus auf einem goldenen Schiffe mit silbernen Rudern und purpurnen Segeln den Cyd-nusfluß herauf gefahren. Umgeben von Knaben, die ihr Kühlung fächelten, von Jungfrauen, die sie bedienten, während andere als Meergöttinnen unter Flöten- und Harfenklang die Ruder bewegten, lud sie Antonius zum Mahle ein und verteidigte mit seltenem Liebreize und einnehmender Gewandtheit ihre Sache so vortrefflich, daß Antonius ihr nicht bloß verzieh, sondern ihr auch nach Ägypten folgte. Hier vermählte er sich mit Kleopatra und wetteiferte mit ihr in Pracht und Verschwendung. Er erklärte sie für seine einzige, rechtmäßige Gemahlin und schenkte ihren Kindern gegen den Willen des römischen Senates die Provinzen Syrien und Cilicien. Großmütig versuchte Octavia, ihren Gemahl zu retten, und begab sich nach Athen; allein ein Schreiben des Antonius untersagte ihr die Weiterreise. Da antwortete die edle Frau, sie werde bleiben und bitte nur um Auskunft, wohin sie die Gelder, Kleider und Waffen senden solle, welche sie mitgebracht habe. Diese Herzensgüte rührte den Antonius so sehr, daß er wieder zu ihr wollte; durch die Thränen der Kleopatra aber wurde er daran verhindert. Octavian kehrte verschmäht und betrogen nach Rom zurück, wo sie im Hause ihres ungetreuen Gatten der Erziehung ihrer und der Fulvia Kinder lebte. Mit seltener Fassung ertrug sie die unverdiente Kränkung, verzieh ihrem Gemahl und nahm sogar nach seinem und der Kleopatra Tode eine Tochter der letztem zu sich nach Rom, wo sie dieselbe gleich ihren Kindern zur Tugend und Ehrbarkeit erzog.
Unterdessen hatte der kluge Octavian durch versöhnende Maßregeln die Spuren des Bürgerkrieges in Rom zu verwischen gesucht, das römische Volk durch Spenden und Spiele gewonnen, die Soldaten durch Ackerverteilungen fest mit sich verbunden und Heer und Flotte durch den trefflichen Agrippa in Übung gehalten. Zwischen Octavian und Antonius muße es nunmehr um so rascher zum Bruche kommen, als Lepidus bereits für seine herrschsüchtigen Gelüste und bewaffneten Versuche zum Sturze Octavians seiner Würden 36 entsetzt war und seinen glücklicheren Gegner fußfällig um Gnade hatte anflehen müssen. Ein unglücklicher Zug des Antonius gegen die Parther und die Verschleuderung römischer Provinzen diente als Vorwand zur Kriegserklärung, welche der gefügige Senat dem Antonius und der Kleopatra 32 schickte. Anstatt Octavian rasch in Italien anzugreifen, durchschwelgte Antonius mit Kleopatra die günstige Zeit in Griechenland, worauf es am 2. Sept. 31 zur Seeschlacht
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Extrahierte Personennamen: Antonius Antonius Antonius Antonius Octavian Antonius Lepidus Antonius Antonius Antonius
Extrahierte Ortsnamen: Syrien Athen Rom Rom Rom Italien Griechenland
§. 61, 1. Charakter, Leben und Sitten der Römer. 31z
lagen, machten jetzt die Prachtgebäude der Reichen allgemeines Aufsehen und stachen gegen die einstöckigen Häuser der ärmeren Bürger auffallend ab. Geräumige Säulenhallen und schön bemalte Zimmer zierten die Paläste, kunstvoll gearbeitete Statuen, Mosaikböden und Freskogemälde schmückten die Speise-, Bibliothek- und Empfangsäle. Allmählich sah sich auch das armgebliebene Volk nach Mitteln um. Es verkaufte seine Stimme in den Volksversammlungen und verlangte in späterer Zeit nur nach Brot und Spielen. Zu Cäsars Zeit erhielten 320 000 Bürger monatliche Getreidespenden vom Staate; Cäsar setzte ihre Zahl auf 150 000 herab. Arbeitsamkeit, Mäßigkeit und Einfachheit waren verschwunden, die Sittenreinheit hatte grenzenloser Unzucht Platz gemacht. In Wohnung, Kleidung und Nahrung herrschte die größte Übertriebenheit.
Mit der Unsittlich keil, welche die ganze Gesellschaft wie ein krebsartiges Übel ergriff, hielt die Üppigkeit und Unmäßigkeit im Essen und Trinken gleichen Schritt. Die Kochkunst wurde eine förmliche Wissenschaft. Man begnügte sich nicht einmal damit, die ausgezeichnetsten Leckereien zu bereiten und die seltensten Dinge aus weitester Ferne kommen zu lassen, sondern gab sich alle erdenkliche Mühe, die an und für sich schon teueren Gerichte durch die unsinnigste Verschwendung noch kostspieliger zu machen. Man pulverisierte kostbare Steine und Perlen, löste sie in Essig und anderen Stoffen auf und mischte sie entweder den Gerichten bei oder trank sie im feinsten Weine. Ehe die Mahlzeit begann, welche oft von 2 Uhr mittags bis tief in die Nacht währte, reizte man den Appetit mit den pikantesten Gerichten, welche der Gaumenkitzel nur ersinnen konnte, zum Essen und Trinken und schämte sich nicht, auch Brechmittel zu gebrauchen, welche man sonst dem überladenen Magen geboten hatte, um eine begonnene Mahlzeit weiter fortsetzen zu können. Eine große Reihe von Gerichten bildete die Hauptmahlzeit, bei welcher namentlich die seltensten Vögel und Fische erforderlich waren. Man ließ Muränen aus der sizilischen Meerenge oder aus Spanien kommen, Störe von der kleinasiatischen Küste, Austern von Tarent oder Britannien und Fische aus allen größeren Flüssen des bekannten Erdkreises. Pfauen, Krammetsvögel, Flamingozungen wurden zu kostspieligen Gerichten benutzt. Lucullus hatte einmal Cicero und Pompejus zu Tische bei sich behalten. Sie beobachteten ihn genau, daß er keine Befehle zu größerem Aufwande erteilen konnte, und doch kostete diese Mahlzeit 30 000 Mark. Es ist recht bezeichnend für die römische Kaiserzeit, daß Caligula für eine einzige Mahlzeit 1 Million Mark verausgabte. Dem Luxus
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